Hotelier Basil Fawlty lässt kein Fettnäpfchen aus. In seinem kleinen Hotel irgendwo in Südwestengland bringt er mitunter den Frühstücksraum durcheinander, er versucht erfolglos, mit seinem ausschließlich Spanisch sprechenden Angestellten Manuel zu kommunizieren. Einmal marschiert er angesichts des Besuchs einer deutschen Familie sogar — dem Wahnsinn nahe — im Militärschritt durch den Frühstückssaal, obwohl er seine Angestellten kurz zuvor noch darauf eingeschworen hatte: „Don’t mention the war“, erwähnt den Krieg nicht. Der britische Komiker und Schauspieler John Cleese erlangte mit der Figur des Basil Fawlty in der Fernsehserie „Fawlty Towers“ geradezu Kultstatus. Die Mischung aus Überheblichkeit und Tolpatschigkeit wirkte so herrlich überzeichnet, dass sie unweigerlich zum Lachen anregte. So etwas wie Fawltys Hotel konnte es einfach in Wahrheit nicht geben. Oder etwa doch?
Basil Fawlty entsprang mitnichten komplett der Kreativität John Cleeses – es gab ihn wirklich, zumindest in gewisser Weise. Bei der Dreharbeiten zu einigen Sketchen der Fernsehserie „Monty Python’s Flying Circus“ übernachteten Schauspieler und Produktionsstab in den frühen siebziger Jahren im Hotel Gleneagles in Torquay (Devon). Weil sie dort vom Inhaber Donald Sinclair kontinuierlich kritisiert und gemobbt worden sein sollen, verließ das Team die Herberge nach kurzer Zeit. Nur zwei blieben: John Cleese und seine Frau. Sie schienen Gefallen daran gefunden zu haben, den Charakter Sinclairs zu studieren. Cleese beschrieb ihn später einmal als den „wunderbarsten unhöflichen Menschen, den ich je getroffen habe“. Sinclair, ein Kriegsveteran, war für das kundenunfreundlichste Management der Gegend bekannt, überheblich, exzentrisch und von einer fortwährenden Missgelauntheit begleitet. Auch seine Frau Beatrice soll der Forschheit von Basil Fawltys Frau Sybil (gespielt von Prunella Scales) in nichts nachgestanden haben.
Etwas Humor bewies Inhaber Sinclair aber schließlich doch: Während andere möglicherweise mit einer Klagewelle gegen diese offensichtliche Satire auf den eigenen Hotelbetrieb reagiert hätten, preist sich das Hotel Gleneagles in Torquay bis heute als so etwas wie die Keimzelle von „Fawlty Towers“. Sinclair selbst starb 1981, hat es aber inzwischen durch seine Bekanntheit als „wahrer“ Basil Fawlty sogar zu einem Eintrag in das Onlinelexikon Wikipedia geschafft. Sein Hotel verkaufte er indes bereits 1973. Cleese schickte in einer der „Fawlty Towers“-Episoden einen unauffälligen Gruß aus der Küche: Wegen Renovierungsarbeiten empfahl man darin das Gleneagles Hotel als Alternative fürs Abendessen.
Das Gleneagles Hotel, ein schlichter Flachbau in Torquay, war ursprünglich gar nicht als Hotel konzipiert. Dennoch eröffnete es Sinclair 1963 als solches. Es beinhaltet 41 Zimmer und sollte in Anbetracht seines Alters und mangelnden Komforts bereits 2003 abgerissen werden. Die Stadtverwaltung verhinderte dies aber — zumindest vorübergehend. 2006 wurde das zwischenzeitlich geschlossene Hotel aufwendig saniert. Zur Neueröffnung erschien auch Sybil-Darstellerin Prunella Scales. Nun aber scheint das Ende tatsächlich besiegelt: 2015 hat das Gleneagles erneut die Pforten geschlossen. Diesmal sollen hier Altenwohnungen entstehen, für das Hotel ist demnach kein Platz mehr. Was würde Basil Fawlty bloß dazu sagen? Michael Pohl
Hotel Gleneagles. Asheldon Road, Wellswood, Torquay TQ1 2QS, England. Telefon +44 (0)1803 293637, www.hotel-gleneagles.com